Definitionen
Lymphdrainage wird genutzt zur Behandlung von venös oder lymphatisch gestauten Körperregionen. Dabei kommen manuelle Techniken durch einen Therapeuten (manuelle Lymphdrainage, MLD) in Verbindung mit einer speziellen Kompressionsbandagierung zur Anwendung sowie eine spezielle Hautpflege und Infektionsprophylaxe.
Unter Kompression versteht man den Druck, der von außen auf die betroffene Körperregion ausgeübt wird. Dieser Druck von außen hilft auf zweierlei Weise: Zum einen wirkt er abschwellend und hilft folglich dabei, dass Ödeme und Schwellungen zurückgehen. Zum anderen wird durch den Druck von außen der Venendruck reduziert und sowohl die Blutzirkulation angeregt als auch der Lymphfluss verbessert.
Kompressionstherapie beim Pferd
Ähnlich wie auch beim Menschen spielt bei Pferden das Lymphsystem eine wichtige Rolle. Seit einigen Jahren gibt es nun auch für Pferde geeignete Kompressionsbandagen (z.B.von EquiCrown), die vorbeugend (das heißt am gesunden Pferd) und therapeutisch eingesetzt werden können.
Die Kompressionsbandagen wirken bei Bewegung trainierend auf die Lymphgefäße und unterstützten den Rücktransport der Lymphflüssigkeit aus dem Gewebe. Im Falle einer Verletzung oder Infektion arbeitet das Lymphsystem dadurch effektiver.
Die EquiCrown Kompressionsbandagen, die von mir individuell angepasst werden, haben einen therapeutisch wirksamen Kompressionsverlauf, der von unten nach oben leicht abnimmt. So wird der Blut- und der Lymphfluss des Pferdes aktiv unterstützt. Die Kompression geht dabei mit einem angenehmen Massageeffekt einher, wirkt Schwellungen und Ödemen entgegen und fördert den Regenerationsprozess nach starken Beanspruchungen und Verletzungen.
EquiCrown Kompressionsbandagen können milimetergenau auf die Anatomie eines Pferdebeines gestrickt werden und garantieren damit eine perfekte Passform.
Das Lymphsystem des Pferdes
Die Krankheitsbilder, bei denen eine Kompressionstherapie bei Pferden angewendet werden kann, sind meistens mit einem gestörten Lymphfluss verbunden. Im Folgenden erfährst Du mehr über das Lymphsystem des Pferdes und die dazugehörigen Krankheiten.
Das Lymphsystem des Pferdes
Ein intaktes Lymphsystem ist ganz wichtig für die Gesundheit und das Wohlbefinden des Pferdes, denn es ist, genau wie bei den Menschen, ein essentieller Bestandteil des Immunsystems.
Das Lymphgefäßsystem ist neben dem Blutgefäßsystem aus Arterien und Venen ein weiteres großes Gefäßsystem im Pferdekörper. Es ist ein Drainage- und Transportsystem und zugleich auch die Müllabfuhr und die Gesundheitspolizei des Pferdekörpers. Es besteht aus Lymphgefäßen und vielen, vielen dazwischengeschalteten Lymphknoten: Ein Pferd besitzt rund 8.000 Lymphknoten, ein Mensch nur 400 bis 600. Da das Lymphsystem nicht wie das Herz-Kreislaufsystem über eine eigene Pumpe (beim Herz-Kreislaufsystem das Herz) verfügt und zugleich mit den vielen Lymphknoten sehr komplex ist, ist der Lymphfluss im Vergleich zum Menschen beim Pferd recht langsam.
Die Funktionsweise des Lymphsystems beim Pferd
In dem um ein Lymphgefäß liegendem Gewebe befinden sich in den Zellzwischenräumen überschüssige Nährstoffe, Flüssigkeiten sowie Stoffwechselprodukte, die die Venen nicht mehr aufnehmen. Da sich diese Substanzen auf Dauer in den Zellzwischenräumen stauen würden, müssen sie irgendwie abtransportiert werden. Hier kommt das Lymphsystem ins Spiel. Über kleine Poren nehmen die Lymphgefäße die Flüssigkeit auf (siehe graphische Darstellung). Anschließend wird die Flüssigkeit gefiltert und gereinigt.
Abtransport der Lymphe
Die wichtigste Aufgabe der Lymphgefäße ist der Abtransport von verschiedenen Substanzen aus dem Zellzwischenraum zurück in das venöse System. Substanzen, die nur über die sogenannte Lymphe (Lymphflüssigkeit) entsorgt werden können, sind zum Beispiel Eiweißstoffe, Krankheitserreger, Giftstoffe und Krebszellen. Wasser ist dabei nur das Transportmedium. Bevor die Lymphe wieder ins Venensystem abgegeben wird, wird sie in den Lymphknoten gefiltert und gereinigt. Dort befinden sich auch Abwehrzellen, die Alarm schlagen, sobald Krankheitserreger in der Lymphe gefunden werden.
Das Lymphsystem durchzieht wie ein komplexes Netzwerk den gesamten Pferdekörper. Wird der Lymphfluss unterbrochen oder beeinträchtigt, bleibt die Flüssigkeit und die überschüssigen Schlacken im Gewebe zurück und der Gesundheitszustand des Tieres kann sich deswegen deutlich verschlechtern. EquiCrown Kompressionsbandagen können den aktiven Abtransport der Lymphflüssigkeit fördern und unterstützen somit den Heilungsprozess.
Wasserscheiden und Lymphzentren
Der gesamte Körper des Pferdes wird auf beiden Seiten in jeweils sieben Territorien eingeteilt, welche durch sogenannte Wasserscheiden getrennt werden*. Diese Territorien sind die Einzugsgebiete der verschiedenen Lymphzentren, welche die jeweilige Region drainieren. Die Wasserscheiden sind entweder absolut (d.h. sie können nicht überschritten werden) oder relativ (d.h. hier ist ein Abfluss möglich). Die Lymphzentren sind entweder einzelne Lymphknoten oder Lymphknotengruppen.
Die genaue Kenntnis der Lymphzentren, Territorien und Wasserscheiden des Pferdes ist zwingend erforderlich bei der Anwendung der Manuellen Lymphdrainage (MLD). Der Tiertherapeut kann mittels der MLD und Kompression den Lymphfluss optimal unterstützen.
Störungen und Erkrankungen des Lymphsystems
Ein schlecht arbeitendes Lymphsystem führt auch beim Pferd zu Problemen, die nicht behandelt zu schwerwiegenden Komplikationen führen können. Deshalb ist es sehr wichtig, Lymphabflussstörungen zu erkennen und diese möglichst früh zu behandeln. Eine vorbeugende Unterstützung des Lymphsystems kann zur Gesundheit des Pferdes beitragen und Erkrankungen möglicherweise sogar verhindern.
Im Folgenden stelle ich Euch Symptome und Erkrankungen des Pferdes vor, bei denen eine Kompressionstherapie sinnvoll ist:
Gallen
Gallen können sowohl angeboren, als auch erworben sein. Oftmals hat das Pferd lebenslang mit den Gallen ohne Probleme seine volle Beweglichkeit. Als Gallen bezeichnet man eine Umfangsvermehrung im Bereich der Gelenke (Synovialitis) und Sehnenscheiden (Tendovaginitis). Eine Galle ist also ein Ödem, auch wenn es symptomfrei bleibt. Außerdem können Gallen Vorboten von weiteren Krankheiten (z. B. Phlegmonen) sein, die dem Pferd im weiteren Lebenslauf Probleme bereiten können. Gallen können mit manueller Lymphdrainage und Kompression behandelt werden.
Angelaufene Beine
Auch bei der Neigung zu angelaufenen Beinen können Kompressionsbandagen bei Pferden nützlich sein. Vor allem während längerer Ruhephasen helfen sie dabei das Anlaufen zu verhindern, denn gerade Inaktivität ist eine Hauptursache für angelaufene Beine, weil die fehlende Muskelaktivität die Arbeit des Lymphsystems einschränkt.
Ein großer Fehler ist der Einsatz von reiterlichen Bandagen zur Kompression: Reiterliche Bandagen haben zwar einen nachgewiesenen positiven Stützeffekt auf den Sehnenapparat des Pferdebeines, zur Vorbeugung von Umfangsvermehrungen bei angelaufenen Pferdebeinen sind diese Bandagen jedoch nicht geeignet und für den Lymphfluss sogar eher kontraproduktiv: An der tierärztlichen Hochschule Hannover haben Röntgen-Kontrastmitteluntersuchungen ergeben, dass durch diese Bandagen bei einem stehenden Pferd der Lymphfluss im Bereich des Fesselkopfes vollständig unterbrochen wird. Die gleiche Untersuchung ergab für Kompressionsstrümpfe ergab, dass diese den Lymphfluss nicht stören.
Postoperative oder posttraumatische Schwellungen / Wundheilung
Egal ob ein Pferd eine operative oder spontane Wunde hat, Lymph- und Blutgefäße werden bei allen Wundarten immer in Mitleidenschaft gezogen. Ein Ödem an der Wunde ist eine physiologische Reaktion des Körpers auf ein solches Trauma. Auch hier kann eine Kompressionsbandage die Wundheilung unterstützen.
(Chronische) Sehnenentzündungen
Sehnenentzündungen (Tendinitiden) treten vor allem bei Leistungspferden recht häufig auf. Je nach Schweregrad der Sehnenentzündung kann es auch zu unterschiedlich schweren Verletzungen der begleitenden Blut- und Lymphgefäße kommen. Dann lagert sich sogenanntes Fibrin (Eiweiß) im Gewebe an und es kommt zur Bildung eines Ödems. Das entstandene Ödem führt dann wiederum dazu, dass die unverletzten Sehnenfasern auseinander gedrängt werden und damit die Heilung gestört wird. Durch die Unterstützung des Lymphsystems mittels einer Kompressionsbandage kann eine Heilung der Tendinitis gefördert und lymphpflichtige Lasten einfacher abtransportiert werden. dadurch schwillt das Ödem schneller ab und die gesunden Fasern gelangen wieder an ihre ursprüngliche Position.
Chronische Phlegmone / Elephantiasis
Chronische Phlegmone / Elephantiasis können aus meist akuten rezidivierenden Phlegmonen entstehen. Eine fehlende oder sogar fehlerhafte Behandlung unterstützt diese Entwicklung. Eine bereits bestehende Insuffizienz der Lymphgefäße kann dabei durch eintretende Keime verschlimmert und das Lymphgefäßsystem weiter geschädigt wird. Wenn durch einen Lymphstau verursachte Ödeme / Phlegmone nicht vollständig abheilen, lagern sich vermehrt Proteine, die durch das geschädigte Lymphsystem nicht mehr abtransportiert werden können, in dem erkrankten Bein an. Es ensteht ist eine starke, meist unförmige, Umfangsvermehrung an diesem Bein. Durch fachgerechte Behandlung mit KPE (Komplexe Physikalische Entstauungstherapie, siehe unten) kann dieses Krankheitsbild verbessert oder sogar weitgehend reduziert werden.**
Die Firma EquiCrown produziert seit einigen Jahren Kompressionsbandagen für Pferde, welche den Lymphfluss nachweislich nicht behindern, sondern einen positiven Effekt auf das Lymphsystem haben. Sie können vorbeugend aber auch therapeutisch eingesetzt werden.
EquiCrown bietet sowohl nach Maßtabellen verschiedene auf das jeweilige Problem abgestimmte Standardprodukte als auch auch Maßanfertigungen an. Ein großer Vorteil ist auch, dass diese Produkte sehr robust und langlebig sind. Durch einen Reisverschluss oder Häkchenverschluss sind sie viel leichter anzuziehen als ein herkömmlicher Kompressionsstrumpf. Ich gebe Dir gerne weitere Informationen und bin Dir bei der Anpassung behilflich.
Die Komplexe Physikalische Entstauungstherapie (KPE)
Um Lymphödeme langfristig zu behandeln, sollte auf umfassende Behandlung mit aufeinander abgestimmten Therapiemaßnahmen zurückgegriffen werden. Hierfür eignet sich die in der Humanmedizin bewährte Komplexe Physikalische Entstauungstherapie (KPE).
Die 4 Säulen der Komplexen Physikalischen Entstauungstherapie (KPE)
Die Basis der Komplexen Physikalischen Entstauungstherapie (KPE) bildet die manuelle Lymphdrainage (MLD). Diese bringt den Lymphabfluss wieder in Gang und sorgt dafür, dass der Umfang betroffener Pferdebeine wieder abschwillt. Um das Resultat der manuellen Lymphdrainage zu sichern und ein erneutes Anschwellen zu verhindern, kommen die Kompressionsbandagen zum Einsatz. In der Bewegungstherapie wird das Lymphsystem durch ausgewählte Übungen angeregt und unterstützt. Spezielle Pflegemittel und Wundgele schützen die strapazierte Haut und fördern die Heilung kleiner Verletzungen.
1. Säule: Manuelle Lymphdrainage (MLD)
Die Manuelle Lymphdrainage ist eine spezielle, mit wenig Druck arbeitende, Massagetechnik. Bei Störungen des Lymphabflusses hilft die Manuelle Lymphdrainage (MLD), Lymphabflusswege frei zu machen, den Lymphfluss anzuregen und zu fördern. Die sichtbaren Resultate einer Manuellen Lymphdrainage halten ca. vier Stunden an, bevor sich die Lymphe erneut einlagert. Um dauerhafte Ergebnisse und eine langfristige Entstauung der Pferdebeine zu bewirken, muss die Manuelle Lymphdrainage (MLD) mit der zweiten Säule der Komplexen Physikalischen Entstauungstherapie (KPE), der Kompressionstherapie, ergänzt werden. Außerdem können verschiedene Hilfsmittel, wie zum Beispiel das Lymphdrainageputzen (Artikel folgt in Kürze), den Effekt nach der Manuellen Lymphdrainage unterstützen.
2. Säule: Kompressionstherapie beim Pferd
Um den Erfolg einer vorangegangenen Manuellen Lymphdrainage (MLD) zu erhalten, sollte das betroffene Pferdebein im nächsten Schritt der Komplexen Physikalischen Entstauungstherapie (KPE) mit Kompression behandelt werden. Eine Kompressionstherapie kann unterschiedliche Wirkungen erzielen: Sie senkt die angesammelte Flüssigkeit im Gewebe, beschleunigt und steigert den venös lymphatischen Abstrom und verbessert die Funktion der Muskelpumpen. Gut funktionierende Muskelpumpen verbessern wiederum den Lymphfluss. Durch die Kompression kann zudem die Ödembildung reduziert und verhärtetes Gewebe aufgelockert werden.*
Geringer Ruhedruck und hoher Arbeitsdruck
Aus medizinischer Sicht sollte bei der Kompressionstherapie nach wissenschaftlichen Erkenntnissen ein möglichst geringer Ruhedruck mit einem hohen Arbeitsdruck** kombiniert werden. Die EquiCrown Kompressionsbandagen bieten den gewünschten hohen Arbeitsdruck bei geringem Ruhedruck.
3. Säule: Bewegungstherapie zur Anregung des Lymphflusses
Eine gezielte Bewegungstherapie unterstützt den Lymphfluss des Pferdes, beeinflusst die Ergebnisse der Kompressionstherapie positiv. Die Bewegungstherapie bildet die dritte Säule der Komplexen Physikalischen Entstauungstherapie (KPE).
Eine gezielte Bewegungstherapie bedeutet nicht, dass Du möglichst weite Strecken mit Deinem Pferd zurückzulegen sollst: Eine kontinuierliche Bewegung des Pferdes ist viel wichtiger, da das Lymphsystem des Tieres auf fortdauernde Bewegung ausgelegt ist. Je nach Krankheitsbild ist jedoch auch abzuwägen, ob eine eingeschränkte Bewegung nötig ist, oder ob Bewegung für einen gewissen Zeitraum gar nicht erfolgen darf. Dies sollte grundsätzlich der behandelnde Tierarzt oder Therapeut entscheiden.
Drainage durch die Huf- und Fesselgelenkspumpe
Da das Pferd keine Muskelpumpe besitzt, kommt der Huf- und Fesselgelenkspumpe eine essentielle Bedeutung für einen funktionierenden Lymphtransport zu. Diese beiden Pumpen üben bei Bewegung des Fesselgelenks, Druck auf die Lymphgefäße aus und fördern so den Lymphfluss. Außerdem ist eine vertiefte Atmung wichtig für den Lymph- und Venenabfluss, denn dadurch entsteht eine Sogwirkung. Sie wird besonders durch den Arbeitsgalopp erreicht, der innerhalb einer Trainingseinheit gleichmäßig verteilt sein sollte.
4. Säule: Spezielle Hautpflege für Pferde
Die gute Versorgung und Pflege der Haut ist ein wichtiger Bestandteil der KPE, besonders weil die Pferdehaut bei häufiger oder dauerhafter Anwendung von Kompressionsbandagen oder -verbänden zum Austrocknen neigen kann. Mit einer begleitenden Hautpflege während der KPE kann Hautproblemen vorgebeugt werden. Außerdem unterstützen spezielle Pflege- und Wundgele die Widerstandsfähigkeit der Haut und können auch die Heilung kleinerer Verletzungen fördern.
Die Hautpflegeprodukte Pferde-Pflege-Seife Maukzem, Pferde-Pflege-Bad Maukzem, Maukesalbe und Skin-Repair-Lotion (erhältlich in meinem Online-Shop MitoMedVet) sind ideal auf die Pferdehaut abgestimmt und können auch in Kombination mit Bandagen und Verbänden verwendet werden.
Weiterführende Literatur / Literaturverzeichnis:
* Prof. Dr. D. Berens von Rautenfeld, Christina Fedele Lymphologie und Manuelle Lymphdrainage beim Pferd (2012), Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
** A. K. Rötting, Manuelle Lymphdrainage - Erprobung an den Extremitäten des Pferdes (1999), Vet. med. Diss. Berlin